5. Februar 2023 / Weltnews

Aus vom Ferientraum: Wohnblock in Frankreich weicht Meer

Es waren die idealen Ferienwohnungen mit Meerblick - jetzt wird der Betonkoloss in Frankreich abgerissen, weil das Meer immer näher rückt. Der Klimawandel beschleunigt die Erosion der Küsten.

Ein Appartementblock direkt am Wasser muss abgerissen werden - dahinter steckt die Klimakrise.

Der Blick direkt auf den Atlantik und der kurze Weg zum Wasser haben im französischen Soulac-sur-Mer den Bewohnern der Appartementanlage «Le Signal» jahrzehntelang Urlaubsfreuden beschert.

Bagger werden ab Montag das 1967 errichtete Gebäude nun dem Erdboden gleichmachen. Es ist auch der Klimawandel, der den Traum von Sommer und Sonne der 78 Wohnungsbesitzer beendet. Das Meer hat immer mehr vom Strand überspült und ist an das «Signal» herangerückt, der Einsturz droht. Der Meeresspiegelanstieg hat die Erosion der Küste am Atlantik, aber auch an anderen Strandabschnitten in Frankreich beschleunigt. Ein Küstenschutzplan der Regierung hat im vergangenen Jahr bereits 126 Kommunen zu Maßnahmen verpflichtet.

Fast alle Küstenregionen betroffen

Nahezu alle Küstenregionen sind demnach betroffen, am stärksten die Bretagne. An 20 Prozent der französischen Küste nagt das Meer und der Strand wird schmaler. In den vergangenen 50 Jahren hat Frankreich somit 30 Quadratkilometer Fläche verloren. In den Kommunen, in denen in 30 Jahren mit einer weiteren Erosion der Küste gerechnet wird, wurden neue Bauten am Wasser mit einigen Ausnahmen verboten. Denn Versuche, mit dem Aufschütten von Sand die Strände zu sichern, wie es sie auch in Soulac gab, halfen am Ende nicht langfristig weiter.

«Es ist eine sehr symbolische Baustelle, als dieses Gebäude gebaut wurde, war es 200 Meter vom Meer entfernt, jetzt ist es 20 Meter entfernt», sagte Frankreichs Ökologie-Minister Christophe Béchu am Freitag in Soulac an der Wohnanlage «Le Signal». Das Schicksal des Gebäudes zeuge von der Erosion der Küste, die wegen des Klimawandels zunehme. «Und die Experten sagen uns, dass wir abhängig von der Erderwärmung einen Anstieg des Meeresspiegels um 30, 60 bis zu 120 Zentimetern haben werden in unserem Land», so der Minister mit Blick auf das Jahr 2100. «Das sind bis zu 1000 Kommunen in Frankreich, das sind bis zu 50.000 Wohnungen, die von diesem Knabbern des Meeres betroffen sein werden.»

Erinnerungen an herrliche Sommerurlaube

Von herrlichen Sommerurlauben berichtete Marie-José Bessac (77) der Zeitung «Le Monde». 1983 kaufte sie mit ihrem Mann eine Wohnung im «Signal» und Jahr für Jahr hätten sie vom Fenster aus sehen können, wie der Atlantik näher rückt. 2010 habe der Orkan Xynthia dann das Meer plötzlich bis auf 40 Meter an das Gebäude herangebracht. «Von diesem Zeitpunkt an beschleunigten sich die Dinge auf schreckliche Weise. Innerhalb von fünf bis sechs Jahren hat sich alles überstürzt», sagte Bürgermeister Xavier Pintat. 2014, nach einem weiteren Sturm, wurden die Bewohner zum Auszug gezwungen. Erst nach langem Rechtsstreit zahlte der Staat ihnen eine Teilentschädigung.

«Es gibt also eine Notwendigkeit, einen starken nationalen Plan zu haben, um die betroffenen Kommunen und Hausbesitzer zu begleiten und um zu verhindern, dass man solche Gebäude wie dieses erneut baut», betonte Minister Béchu. «Jetzt kennt man dieses Phänomen und man wird sich klar, in welchem Umfang der Klimawandel die Erosion der Küste verschlimmert und beschleunigt.»

Der Abriss in Soulac wirkt wie ein Warnsignal für Frankreich, viele Medien zeigten den riesigen bereits entkernten Betonkoloss. Nach einer Studie des Thinktanks La Fabrique Ecologique gehört Frankreich neben Großbritannien und den Niederlanden zu den vom Meeresanstieg am meisten bedrohten Ländern in Europa. Mit Schutzbauten auf die fortschreitende Erosion zu reagieren, helfe nur kurzfristig, hieß es in der Studie. Besser sei es, Gebäude und Aktivitäten von der Küstennähe weg zu verlegen und auf eine Renaturierung am Strand zu setzen. Dies ist in Soulac geplant, die Naturbehörde wird sich darum kümmern, die Düne, auf der das «Signal» bislang stand, neu zu bepflanzen.


Bildnachweis: © Philippe Lopez/AFP/dpa
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