3. März 2023 / Weltnews

Mit Jungfischen Seen beleben? Lohnt sich wohl nur selten

Mit dem Einsetzen Tausender Jungfische versuchen Anglervereine, den Fischbestand und die Vielfalt in ihren Seen zu erhöhen. Eine Studie zeigt allerdings: Eine andere Maßnahme wäre meist die bessere.

Fische werde in einen Baggersee eingesetzt.

Anglervereine investieren oft Geld in Jungfische für ihre Seen, um die Bestände zu erhöhen. Doch eine neue Studie zeigt: Bessere Lebensräume wie Flachwasserzonen helfen den Fischen und anderen Arten in kleinen Seen deutlich mehr. «Das Einsetzen von Fischen, ein sogenannter Fischbesatz, ist nur in ganz bestimmten Fällen sinnvoll», sagte Robert Arlinghaus vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität Berlin. Das Geld sei oft besser angelegt, wenn es in die Renaturierung fließe.

Arlinghaus ist Leiter der im Fachjournal «Science» vorgestellten Studie. Sein Team hatte sechs Jahre lang 20 Baggerseen in Niedersachsen untersucht. «Wir haben in einigen Seen Flachwasserzonen geschaffen, in anderen Totholz eingebracht und in wieder anderen Seen Fische ausgesetzt. Unmanipulierte Seen dienten als Kontrolle», erläuterte der Erstautor der Studie, Johannes Radinger vom IGB.

Ein gezielter Besatz mit fünf verschiedenen Arten habe nichts gebracht. Auch das Einbringen von Totholz in den Uferbereich habe nur in einzelnen Fällen Effekte erzielt. Am erfolgreichsten sei die Einrichtung von Flachwasserzonen gewesen. In Baggerseen fehlen diese ökologisch bedeutenden Lebensräume in der Regel. Dort erwärmt sich im Frühling das Wasser recht schnell, Jungfische können gut aufwachsen und sind besser vor Räubern geschützt. «Es ist eigentlich etwas ganz Offensichtliches: Die Herstellung natürlicher Lebensräume ist wirksamer als an einzelnen Arten herumzudoktern», erklärte Arlinghaus.

«Dann steigt nur die Konkurrenz»

Bei einem frisch ausgehobenen Baggersee ohne nennenswertes Fischvorkommen sei ein Besatz mit Jungfischen zwar meist sinnvoll und erfolgreich, sagte Arlinghaus. Bei bestimmten Fischarten wie Karpfen funktioniere das in der Regel auch gut - bei anderen wie dem Zander hingegen vor allem in nährstoffarmen, kleinen Baggerseen nicht, da die Fische große, nährstoffreiche Gewässer bräuchten.

Fehlgeschlagen sei in der Studie auch der Besatz mit Arten, die bereits in den Seen vorkamen und sich dort natürlich vermehrten, wie etwa Hecht, Rotauge oder Schleie. «Wenn einem existierenden Fischbestand weitere Individuen hinzugefügt werden, steigt nur die Konkurrenz. Der Fischbestand reguliert sich wieder auf eine Menge zurück, die dem Gewässer angepasst ist», so der Forscher.

«Den Fokus auf einzelne Arten haben wir nicht nur im Fischereimanagement, sondern er ist generell im Naturschutz weit verbreitet», erläuterte Mitautor Christian Wolter vom IGB. «Mit unserer Studie zeigen wir, dass es mehr hilft, den gesamten Lebensraum in den Blick zu nehmen», ergänzt Radinger. Das helfe der gesamten Lebensgemeinschaft. Bei den mit Flachwasserzonen natürlicher gestalteten Baggerseen zum Beispiel hätten auch Wasserpflanzen und Libellen profitiert.

Fluss-Ausbau wäre falsch

«Das Prinzip gilt auch für andere Seen und Flüsse. Wann immer man die kritischen Lebensräume verbessern kann, sollten die biologischen Lebensgemeinschaften besser reagieren, als wenn man Alternativen einsetzt, die nur einzelnen Arten zugute kommen», sagte Arlinghaus.

Der geplante Ausbau der Oder für die Schifffahrt laufe in die entgegengesetzte Richtung. Statt Renaturierung bedeute er aus ökologischer Sicht nach dem Fischsterben von 2022 eine weitere Verschlechterung der bereits jetzt schwierigen Konstellation, sagte Wolter.


Bildnachweis: © Florian Möllers/-/dpa
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