10. Oktober 2022 / Weltnews

Mädchen leiden am meisten unter globalen Krisen

Vor zehn Jahren riefen die Vereinten Nationen den Welt-Mädchentag ins Leben. Seitdem hat sich einiges zum Besseren gewendet. Doch vieles könnte durch die globalen Krisen wieder zerstört werden.

Zwei junge Mädchen ziehen in Kenia Wasserbehälter auf dem Rückweg zu ihren Hütten.

Als Schauspielerin Senta Berger 2003 mit der Kinderrechtsorganisation Plan International Projekte in Nepal besuchte, traute sie ihren Augen nicht: Während das Mädchen Sharmila bei eisiger Kälte barfuß und in abgerissenen Kleidern unterwegs war, trug ihr Bruder Schuhe sowie eine Uniform und durfte die Schule besuchen.

Als Senta Berger nach dem Grund für diese ungleiche Behandlung fragte, sagte die Mutter der Geschwister: «Weil sie ein Mädchen ist.» Das hatte die Schauspielerin so geärgert, dass sie begann, sich gemeinsam mit Plan für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen weltweit einzusetzen.

Im Bereich Bildung konnten Mädchen aufholen

Auf Initiative von Plan riefen die Vereinten Nationen den Welt-Mädchentag ins Leben, der seit zehn Jahren am 11. Oktober begangen wird. Seitdem hat sich einiges zum Besseren gewendet. Aufholen konnten Mädchen vor allem beim Thema Bildung, einem Schlüsselthema für die Armutsbekämpfung. Auch im Gesundheitsbereich gab es substanzielle Verbesserungen. Die Müttersterblichkeit sank, mehr junge Frauen können heute ihre Familienplanung selbst bestimmen – eine wichtige Voraussetzung für ihre Zukunft. Erfolge – wenn auch noch nicht genug – gab es zudem bei der Bekämpfung von Kinder-, Früh- und Zwangsheirat.

Doch viele Errungenschaften könnten nun wieder rückgängig gemacht werden. «Die Fortschritte sind massiv in Gefahr durch drei ineinandergreifende globale Krisen: die Corona-Pandemie, der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine sowie die daraus resultierende globale Ernährungskrise», sagt Kathrin Hartkopf, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland. Umso wichtiger sei es, dass Mädchen und junge Frauen weltweit weiter gefördert würden. «Chancengleichheit ist noch lange nicht erreicht - deshalb müssen wir alle gemeinsam intensiv weiter daran arbeiten.»

Klimawandel ist auch eine Gefahr für die Gleichberechtigung

Durch die Corona-Pandemie seien Mädchen, die vorher eine weiterführende Schule besuchten, häufig nicht wieder zurückgegangen, weil sie jetzt die Familie unterstützen müssen. Auch der Klimawandel wirke sich negativ auf das Erreichen von Gleichberechtigung aus, denn in betroffenen Ländern müssten Mädchen oft Wasser beschaffen und bei der Ernährung der Familie helfen. Oder sie würden früh verheiratet, damit weniger Kinder Essen benötigen. Dadurch steige auch die Zahl der Frühschwangerschaften wieder an. Und die zunehmenden Hungerkrisen führten dazu, dass Mädchen und Frauen häufig zuletzt und am wenigsten essen, wenn Lebensmittel knapp sind.

Der Wandel hin zu mehr Gleichberechtigung ist laut Plan noch zu langsam und zu brüchig. «Deshalb müssen vor allem strukturelle Machtverhältnisse verändert werden, denn sie sind dafür verantwortlich, dass Mädchen und Frauen in Krisen immer zu den Ersten gehören, die von den Folgen übermäßig stark betroffen sind», sagt Hartkopf. Aus diesem Grund sei es wichtig, zusammen mit Mädchen zu arbeiten, ihnen die zustehende politische und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und sie bestmöglich dabei zu unterstützen, stark zu werden und Veränderungen in ihrem Umfeld herbeizuführen.

Um den Stimmen von Mädchen mehr Gewicht zu verleihen, organisiert Plan seit einigen Jahren so genannte Takeover-Aktionen. Junge Frauen übernehmen für einen Tag Führungspositionen in Politik und Gesellschaft, um ihre Themen zu platzieren und nach außen zu kommunizieren.

Vor vier Jahren hat der damalige Bundesfinanzminister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mitgemacht, in diesem Jahr sind die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) und Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) dabei. «Geschlechtergerechtigkeit ist Voraussetzung für eine friedliche Gesellschaft und nachhaltige Entwicklung», betonte Schulze.


Bildnachweis: © Brian Inganga/AP/dpa
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Erste West-Nil-Virus-Infektion erfasst - «erhöhte Aktivität»
Weltnews

Mit dem West-Nil-Virus übertragen einheimische Stechmücken seit einigen Jahren einen potenziell tödlichen Erreger. In diesem Jahr könnte es vergleichsweise viele Fälle geben.

weiterlesen...
Institut: Wieder sterben zahlreiche Amseln am Usutu-Virus
Weltnews

Vor sechs Jahren sind in Deutschland zahlreiche Amseln gestorben. Ein Grund dafür war das Usutu-Virus. Es ist auch 2024 wieder aktiv - viele tote Tiere werden gemeldet.

weiterlesen...
Versagen des «Starliner» - Wie kehren die Astronauten heim?
Weltnews

Rund eine Woche sollten zwei Nasa-Astronauten an Bord der ISS bleiben. Weil der «Starliner» Probleme macht, sind es jetzt schon fast drei Monate. Die Nasa steht vor einer schwierigen Entscheidung.

weiterlesen...

Neueste Artikel

Auf dem Weg zur Schule: 14-Jährige stirbt an Bahnübergang
Weltnews

Auf dem Weg zur Schule will eine 14-Jährige trotz geschlossener Schranke die Schienen überqueren. Sie wird von einem Fernzug erfasst und stirbt.

weiterlesen...
Was hat das erneute Hochwasser mit dem Klima zu tun?
Weltnews

Schon wieder gibt es schwere Unwetter und Hochwasser - erst in Polen, Tschechien, Rumänien und Österreich, jetzt auch in Deutschland. Welche Rolle spielt der Klimawandel dabei?

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Auf dem Weg zur Schule: 14-Jährige stirbt an Bahnübergang
Weltnews

Auf dem Weg zur Schule will eine 14-Jährige trotz geschlossener Schranke die Schienen überqueren. Sie wird von einem Fernzug erfasst und stirbt.

weiterlesen...
Was hat das erneute Hochwasser mit dem Klima zu tun?
Weltnews

Schon wieder gibt es schwere Unwetter und Hochwasser - erst in Polen, Tschechien, Rumänien und Österreich, jetzt auch in Deutschland. Welche Rolle spielt der Klimawandel dabei?

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner