15. Juli 2022 / Weltnews

Alkohol: Studie empfiehlt unter 40-Jährigen Verzicht

Männer vertragen mehr als Frauen, zwei Bier am Tag sind kein Problem, heißt es oft. Eine Forscherteam räumt mit diesen Klischees auf und gibt Empfehlungen. Die dürften so manchem nicht schmecken.

Hundert Milliliter Bier bitte: Mehr als ein winziges Bier pro Tag schadet laut einer neuen Studie Menschen unter 40 Jahren.

«Jeder nur einen winzigen Schluck!» Geht es nach der neuesten Studie, sollten sich Menschen unter 40 Jahren strikt an das legendäre Zitat aus dem Filmklassiker «Die Feuerzangenbowle» halten. Genauer: Jüngere Frauen sollten höchstens zwei Esslöffel Wein oder 100 Milliliter Bier pro Tag trinken, wie ein internationales Forscherteam in der Fachzeitschrift «The Lancet» schreibt. Noch drastischer lautet die Empfehlung für jüngere Männer - höchstens ein Schnapsglas (40 ml) voll Bier oder zwei Teelöffel Wein.

Wie viel Alkohol am Tag noch gesund ist, lautet eine der wohl am häufigsten untersuchten Fragestellungen. Ähnlich häufig wird analysiert, inwiefern Alkohol gesundheitsfördernd wirkt.

Die renommierte Mayo Clinic in den USA hält fest: «Moderater Alkoholkonsum für gesunde Erwachsene bedeutet normalerweise bis zu einen Drink pro Tag für Frauen und bis zu zwei Drinks pro Tag für Männer.» Als ein Drink gelten demnach 355 Milliliter Bier oder 148 Milliliter Wein - zwei 0,33-Liter-Flaschen Bier täglich wären für Männer also vollkommen im Rahmen.

Der britische Gesundheitsdienst NHS empfiehlt maximal 14 Einheiten Alkohol pro Woche - umgerechnet 6 Pints Bier oder 10 kleine Gläser Wein. Und das Robert Koch Institut schreibt: «Die Grenzwerte für riskante Alkoholtrinkmengen liegen bei mehr als 10 Gramm pro Tag für Frauen und 20 Gramm für Männer.» 10 Gramm reiner Alkohol entsprechen einem kleinen Glas Bier, einem Glas Sekt oder einem doppelten Schnaps.

Studie kommt zu ganz anderen Ergebnissen

Die «Lancet»-Studie widerspricht nun nicht nur diesen Angaben, sondern auch der Annahme, dass Männer mehr Alkohol unbeschadet vertragen als Frauen. Anders sehe es bei über 40-Jährigen aus, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. In dieser Altersgruppe könnten ein oder zwei Drinks sogar helfen, Herzkrankheiten, Infarkten und Diabetes vorzubeugen. Die Auswertung habe ergeben, dass die Menge an Alkohol, die konsumiert werden kann, ohne die Gesundheitsrisiken zu erhöhen, im Laufe des Lebens ansteigt.

«Unsere Botschaft ist einfach: Junge Leute sollten nicht trinken, aber ältere Menschen könnten von kleinen Mengen profitieren», sagte Co-Autorin Emmanuela Gakidou von der University of Washington. «Auch wenn es unrealistisch sein dürfte, dass junge Erwachsene auf das Trinken verzichten, halten wir es für wichtig, die neuesten Erkenntnisse zu kommunizieren, damit jeder fundierte Entscheidungen über seine Gesundheit treffen kann.» Das Forscherteam fordert strengere Leitlinien, um jüngere Erwachsene vor den Gesundheitsgefahren des Alkoholkonsums zu warnen sowie maßgeschneiderte Beratung, abhängig von Alter und Wohnort.

Wandel im Denken gefordert

Die Forscherinnen und Forscher hatten das Risiko von Alkoholkonsum für 22 verschiedene Gesundheitsfolgen untersucht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs, aber auch Verletzungen, etwa im Verkehr oder bei Streitigkeiten. Grundlage war das Großprojekt Global Burden of Disease (übersetzt: Globale Krankheitslast), das weltweit systematisch Daten zu Gesundheit erfasst. Ihre Schlussfolgerung: Selbst ein konservativer Ansatz für das niedrigste Maß an sicherem Konsum sei als Empfehlung für jüngere Bevölkerungsgruppen immer noch zu hoch, sagte Co-Autorin Dana Bryazka, ebenfalls von der University of Washington.

Organisationen fordern nun einen Wandel im Denken. Die Wissenschaft habe in den vergangenen Jahren in Hunderten Studien deutlich bewiesen, dass Alkohol den menschlichen Körper vielfach schädigt, sagte Richard Piper, Chef von Alcohol Change UK. «Wir waren uns dessen vorher nicht bewusst, und zu viele von uns trinken weiterhin, als ob diese Revolution unseres Wissens nicht stattgefunden hätte.»


Bildnachweis: © Christoph Soeder/dpa
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