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Das Material für viele Benin-Bronzen stammt aus dem Rheinland zwischen Köln und Aachen. Das hat eine Untersuchung von Bleiisotopen in Manillen ergeben, Armreife aus Messing, von denen viele früher für die Herstellung der Benin-Bronzen eingeschmolzen wurden. Ein Vertrag der deutschen Kaufmannsfamilie Fugger mit dem portugiesischen König aus dem Jahr 1548 über die Lieferung von Manillen macht die Analyseergebnisse plausibel. Die Studie einer Forschungsgruppe um Tobias Skowronek von der Technischen Hochschule Georg Agricola in Bochum ist in der Fachzeitschrift «PLOS ONE» erschienen.Das genutzte Messing wurde demnach im Rheinland produziert. «Die rheinischen Manillen wurden dann über 6300 Kilometer nach Benin transportiert», sagte Skowronek laut Mitteilung des Fachjournals. Bekannt war bisher, dass die sehr gleichförmigen Bleiisotopen-Verhältnisse in vielen der Benin-Bronzen auf eine Hauptmaterialquelle hindeuten. Auch die Verwendung von Manillen, die in Westafrika als Zahlungsmittel gebräuchlich waren, für die Kunstwerke aus Metall aus dem Königreich Benin, war geklärt.Das ergaben die UntersuchungenFür die Untersuchung mit einer speziellen Massenspektrometrie standen den Wissenschaftlern 67 Manillen, die auf das 16. bis 19. Jahrhundert datiert wurden, aus fünf Schiffwracks zur Verfügung. Die Wracks lagen in afrikanischen, europäischen und amerikanischen Gewässern des Atlantiks. Weitere Manillen stammten aus Schweden, Ghana und Sierra Leone. Skowronek und Kollegen untersuchten zum einen Bleiisotopen-Verhältnisse, zum anderen den Anteil von Spurenelementen, wie Antimon, Nickel, Arsen und Eisen. Trotz der Bezeichnung «Benin-Bronzen» bestehen die meisten der antiken Kunstwerke aus Messing, das vor allem Kupfer und Zink oft aber auch Blei, Zinn und weitere Elemente enthält.Die Untersuchung ergab, dass das Zink im Messing für die älteren Manillen hauptsächlich aus dem Rheinland stammt. Die unterschiedlichen Anteile der Spurenelemente deuten darauf hin, dass das verwendete Kupfer aus verschiedenen Quellen kam, etwa aus Mansfeld am Harz (Sachsen-Anhalt), aus Banská Bystrica in der Slowakei und womöglich aus Skandinavien. Da Manillen im europäischen Handel keine Rolle spielten, wurden Manillen in Europa fast ausschließlich für den Handel mit Afrika hergestellt. Vom 15. Jahrhundert an waren es vor allem Portugiesen, die mit westafrikanischen Völkern Handel betrieben, später kamen anderen Kolonialmächte hinzu.Debatte um Rückgabe an NigeriaHistorischen Quellen zufolge waren afrikanische Händler sehr wählerisch, was die Qualität der Manillen anging. Dass sie Messing aus dem Rheinland bevorzugten, könnte an dem relativ hohen Bleigehalt (bis zu 14 Prozent des Gewichts) gelegen haben. «Blei in Messing führt zu einer leicht fließenden Legierung und verringert die Porosität, wodurch die Legierung besser zum Gießen geeignet ist», schreiben die Studienautoren. Skowronek hält es aus statistischen Gründen für sehr wahrscheinlich, dass auch die Benin-Bronzen in deutschen Sammlungen Messing aus dem Rheinland enthalten.Stefan Simon, Direktor des Rathgen-Forschungslabor der Staatlichen Museen zu Berlin ist sehr angetan von der Studie. Sie sei ein großer Schritt zur Aufklärung der Frage, wie das Rohmaterial nach Benin kam. Für sein Labor war es vor allem wichtig, anhand der Materialzusammensetzung Fälschungen zu erkennen. Denn nach der sensationellen Entdeckung der Benin-Bronzen 1897 durch die Briten seien immer wieder Nachahmungen auf den Kunstmarkt gelangt. Auch die Altersbestimmung war wichtig. Lars-Christian Koch, Direktor des Ethnologischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, geht davon aus, dass die Erkenntnisse aus der Studie die Debatte um die Rückgabe der Benin-Bronzen an Nigeria nicht sehr verändern wird. Schon zuvor gab es von manchen Seiten Kritik an der Rückgabe, unter anderem, weil die Manillen auch im Sklavenhandel eingesetzt wurden. «Für uns ist wichtig, dass wir neue Forschungsansätze zusammen mit unseren Partnern in Nigeria verfolgen», sagt Koch. Denn auch naturwissenschaftliche Analysen seien zur Interpretation auf ethnologische und andere geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sowie auf historische Quellen und Überlieferungen angewiesen.Bildnachweis: © Ana Maria Benito-Dominguez/dpaCopyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten