25. April 2022 / Weltnews

Kleinkind misshandelt und getötet - Angeklagter schweigt

Aus Hass auf den leiblichen Vater soll ein Mann das knapp zwei Jahre alte Kind seiner Lebensgefährtin misshandelt und getötet haben. Die Staatsanwaltschaft sieht darin Mord. Das Gericht widerspricht.

Im Prozess um Misshandlung und Kindstötung schweigt der Angeklagte.

Ein 23 Monate alter Junge wird im Oktober 2021 mit einer Vielzahl an Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Die Ärzte schaffen es nicht, ihn wiederzubeleben - er stirbt in der Klinik. Bereits dort steht der Verdacht der Misshandlung im Raum.

Eine Obduktion zeigt, dass der kleine Junge aus Bopfingen im Ostalbkreis im Osten Baden-Württembergs massiv misshandelt wurde. Noch am Tag nach dem Tod wird der Lebensgefährte der Mutter festgenommen. Zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Ellwangen schwieg der 33-Jährige.

Eine der beiden Verteidigerinnen des Mannes aus dem bayerischen Landkreis Ansbach kündigte an, dass der Beschuldigte keine Angaben zur Sache machen möchte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen vor, dem Jungen im September und Oktober 2021 durch stumpfe Gewalt zahlreiche Verletzungen und Bisswunden zugefügt zu haben. Durch einen Tritt in den Bauch soll er den Kleinen letztlich tödlich verletzt haben, so dass der knapp Zweijährige am 21. Oktober 2021 im Krankenhaus starb.

Streit mit dem leiblichen Vater

Der Angeklagte lebte den Angaben zufolge in einer Beziehung mit der Mutter des Jungen und kümmerte sich dabei regelmäßig auch alleine um das Kind. Mit dem leiblichen Vater des Jungen war der Angeklagte demnach zerstritten.

Zu den Hintergründen des Streits machte die Staatsanwaltschaft zunächst keine Angaben. Darin soll aber das Motiv der mutmaßlichen Tat begründet sein. Der damals 32-Jährige soll den Jungen misshandelt haben, weil dieser ihn an den von ihm gehassten leiblichen Vater des Kindes erinnert haben soll. Und diesen Hass habe er schließlich auf den Jungen übertragen, gibt sich die Staatsanwaltschaft überzeugt.

Der Vorwurf an den 33-Jährigen lautet deshalb auf Mord und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Die Staatsanwaltschaft führt dazu Grausamkeit und niedere Beweggründe an. Die Schwurgerichtskammer sieht diese Mordmerkmale jedoch als nicht gegeben und hat die Anklage nur wegen Totschlags zugelassen.

Der Vorsitzende Richter Bernhard Fritsch bekräftigte diese Entscheidung am Montag und erklärte, die Kammer sehe keine Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung wegen Mordes. Ein Gutachten lasse wohl keinen Schluss auf die Schmerzintensität der Verletzungen des Kleinkinds zu. Zudem seien die Zeiten und Umstände der mutmaßlichen Taten unklar.

Aussagen der vier Geschwister

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft könnten die Aussagen der vier Geschwister des gestorbenen Jungen für Aufklärung sorgen. Die Verteidigerin des Mannes kündigte aber an, gegen die Verwendung von schriftlichen Protokollen und Videoaufzeichnungen von Aussagen der Kinder im Alter zwischen 6 und 18 Jahren bei der Polizei Einspruch zu erheben. Diese seien nur unter Anwesenheit von Polizisten und nicht von Richtern erfolgt.

Oberstaatsanwalt Dirk Schulte widersprach. Die Aussagen dürften und müssten in den Prozess eingeführt werden, befand er am Montag. Der Staatsanwalt hielt zudem an der Mordanklage fest. Er sei nach wie vor überzeugt, dass es die Mordmerkmale gebe, sagte Schulte nach Ende der Verhandlung am Montag. Der Vorsitzende Richter ließ zunächst offen, wie er mit den Aussagen der Kinder umgehen werde.

Da der Angeklagte zur mutmaßlichen Tat nichts sagen möchte, soll im weiteren Verlauf des Prozesses ein Sachverständiger aussagen, der mit dem Beschuldigten gesprochen hatte. So möchte das Gericht versuchen, mehr über die Hintergründe des Geschehens zu erfahren.

Der Angeklagte sitzt seit Oktober in Untersuchungshaft. Wie das Landratsamt des Ostalbkreises nach dem Tod des Jungen mitgeteilt hatte, wurde die Familie vom Jugendamt Schwäbisch Hall betreut. Für den Prozess sind elf Verhandlungstage bis Anfang Juni geplant.


Bildnachweis: © Stefan Puchner/dpa
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