19. November 2024 / Weltnews

Frankreich: Missbrauchsopfer spricht von «Feigheitsprozess»

Zum letzten Mal spricht Gisèle Pelicot im Verfahren um zigfache Vergewaltigungen in Südfrankreich. Für die Aussagen einiger Angeklagter hat das Missbrauchsopfer klare Worte.

In ihren letzten Worten vor Gericht wird Pelicot deutlich.

Im Verfahren um zigfache Vergewaltigung in Südfrankreich hat Missbrauchsopfer Gisèle Pelicot die Aussagen etlicher Angeklagter scharf kritisiert. «Das ist der Prozess der Feigheit», sagte Pelicot in ihrer letzten Aussage vor Beginn der Plädoyers. Sie habe Dinge gehört, die inakzeptabel seien, die man nicht zu hören ertrage. Pelicot verwies auf Angeklagte, die angaben, wie fremdgesteuert gewesen zu sein oder selbst womöglich unter Drogen gesetzt worden zu sein.

In dem Mammutverfahren stehen 51 Männer vor Gericht. Der Hauptangeklagte, Pelicots damaliger Ehemann, soll seine Frau fast zehn Jahre lang mit Medikamenten betäubt und missbraucht haben. Auch habe er sie von fremden Männern vergewaltigen lassen, während sie bewusstlos war. Den Angeklagten drohen bis zu 20 Jahre Haft. Gisèle Pelicot selbst geht davon aus, etwa 200 Mal vergewaltigt worden zu sein.

«Wir banalisieren Vergewaltigungen.»

«Es ist für mich sehr schwierig, wenn gesagt wird, dass es praktisch eine Banalität ist, Madame Pelicot vergewaltigt zu haben», sagte Gisèle Pelicot vor Gericht. Sie frage sich, wann die Angeklagten entschieden hätten, das Vorgehen nicht anzuzeigen. Die Gesellschaft sei patriarchal und müsse dies erkennen. «Wir banalisieren Vergewaltigungen», kritisierte die Anfang-Siebzigjährige.

Am Nachmittag ergriff auch der Ex-Mann von Pelicot ein letztes Mal das Wort. Der Hauptangeklagte sagte, es sei seine Fantasie gewesen, sich eine bewusstlose Frau unterzuordnen. Er habe aus purem Egoismus gehandelt. Die anderen Angeklagten hätten freiwillig bei seinem Vorgehen mitgemacht. «Wenn man dieses Spiel spielt, muss man anerkennen, was man getan hat.» Gleichwohl sagte er, ohne ihn wären die anderen Angeklagten nicht in dem Gerichtssaal.

In dem Prozess, der seit September läuft, beginnen am Mittwoch die Plädoyers der Nebenklage um Gisèle Pelicot. In der kommenden Woche soll die Anklage dann ihre Forderungen vorbringen. Das Urteil in dem Verfahren ist für Mitte Dezember vorgesehen.


Bildnachweis: © Christophe Simon/AFP/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Bestimmte PFAS-Chemikalien scheidet der Mensch rasch aus
Weltnews

Sogenannte Ewigkeitschemikalien kommen in vielen Produkten vor und sind sowohl in der Umwelt als auch in Menschen zu finden. Viele bauen sich nur langsam ab. Doch bei einigen geht es schneller.

weiterlesen...
CO2-Emissionen durch Privatflüge stark gestiegen
Weltnews

Nur sehr wenige Menschen auf der Welt sind so reich, dass sie sich ein Privatflugzeug leisten können. Der Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 ist dabei immens - und die Zahl der Maschinen steigt rasant.

weiterlesen...
Bald im Frack: Riesen-Pinguin Pesto wird erwachsen
Weltnews

Das hünenhafte Pinguin-Küken Pesto aus dem Melbourne Aquarium ist ein Weltstar. Jetzt wird der Vogel erwachsen - und wird gerade dadurch an Gewicht verlieren. Aber warum?

weiterlesen...

Neueste Artikel

Alpenschneehase zum «Tier des Jahres» gewählt
Weltnews

Im Winter komplett weiß, im Sommer grau-braun: Der Alpenschneehase verändert sein Aussehen im Jahresverlauf. Nun wurde der Gestaltwandler zum «Tier des Jahres» gewählt.

weiterlesen...
Erneut mehr Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen
Weltnews

Minderjährige, die unbegleitet aus dem Ausland einreisen, Jungen und Mädchen, die zu Hause misshandelt werden: In rund 74.600 Fällen wurden 2023 die Jugendämter aktiv. Alle Zahlen im Überblick.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Alpenschneehase zum «Tier des Jahres» gewählt
Weltnews

Im Winter komplett weiß, im Sommer grau-braun: Der Alpenschneehase verändert sein Aussehen im Jahresverlauf. Nun wurde der Gestaltwandler zum «Tier des Jahres» gewählt.

weiterlesen...
Erneut mehr Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen
Weltnews

Minderjährige, die unbegleitet aus dem Ausland einreisen, Jungen und Mädchen, die zu Hause misshandelt werden: In rund 74.600 Fällen wurden 2023 die Jugendämter aktiv. Alle Zahlen im Überblick.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner