20. August 2023 / Weltnews

Faktencheck: Warum Böden trotz mehr Regen trockener werden

Über Jahrzehnte hinweg zeigte der Trend beim Gesamtniederschlag in Deutschland nach oben. Doch ein einzelner statistischer Wert sagt wenig über das Problem mit Dürre und Trockenheit aus.

Insgesamt werden die Sommer in Deutschland trockener.

Historisch betrachtet fällt in Deutschland pro Jahr mehr Regen als zu Beginn der Wetteraufzeichnungen. Eine entsprechende Statistik des Deutschen Wetterdienstes wird von Klimaschutz-Gegnern ins Feld geführt, um das Problem mit Dürre und Trockenheit kleinzureden.

Behauptung: Weil der jährliche Niederschlag in Deutschland im Vergleich zu 1881 um sieben Prozent zugenommen hat, gibt es keine Probleme mit Dürre.

Bewertung: Falsch.

Fakten: 57,7 Millimeter beziehungsweise sieben Prozent mehr jährlicher Niederschlag in Deutschland: Das gibt der Deutsche Wetterdienst (DWD) als sogenannten linearen Trend seit dem Jahr 1881an. Doch der Wert allein hat wenig Aussagekraft.

Denn der Anstieg ist vor allem auf mehr Niederschlag in den Wintermonaten zurückzuführen. Darauf weisen das Umweltbundesamt und auch der DWD selbst hin. «Im Sommer hingegen ist der Niederschlag im linearen Trend seit 1881 um rund fünf Prozent zurückgegangen», erläutert DWD-Agrarmeteorologe Andreas Brömser im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Gerade der Sommer sei aber zusammen mit dem Frühling der etwa für die Landwirtschaft wichtige Vegetationszeitraum. «Im Sommer bräuchten wir mehr Niederschlag», sagt Brömser.

Zudem sei von der Niederschlagsmenge allein kein Schluss auf die Bodenfeuchte oder Dürre möglich, so Brömser. Als einen Grund dafür nennt er die seit 1881 gestiegenen Durchschnittstemperaturen: «Je höher die Temperaturen, desto mehr Regen verdunstet auch schnell wieder. Der in Deutschland verzeichnete Anstieg um 1,7 Grad Celsius bedeutet rund zwölf Prozent mehr Verdunstung.»

Der vergleichsweise nasse Sommer 2023 kann leicht darüber hinwegtäuschen, dass Dürren in Deutschland in den vergangenen Jahren teils außerordentlich waren. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung schrieben 2020 im Fachblatt «Scientific Reports», dass es in Zentraleuropa in den Jahren 2018 und 2019 die größten Sommerdürren der vergangenen 250 Jahre gegeben habe.

DWD-Meteorologe Brömser sagt: «Die letzten zehn Jahre sind trockener als der langjährige Trend.» Allerdings müsse man noch vorsichtig sein bei der Frage, ob es sich dabei um eine längerfristige Entwicklung oder eine Schwankung von ein paar Jahren handele.

Und wie sieht es in den Böden aus? Das Umweltbundesamt schrieb 2019 in einem Bericht unter Berufung auf DWD-Angaben, dass die Zahl der Tage mit geringer Bodenfeuchte seit dem Jahr 1961 deutlich zugenommen habe. Aktuell zeigt ein Blick in den sogenannten Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums zwar, dass der Regen der vergangenen Wochen vielerorts für ausreichend Wasser in den oberen Bodenschichten gesorgt hat. Doch in den tieferen Schichten hält die Dürre in vielen Regionen an.


Bildnachweis: © Armin Weigel/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Bestimmte PFAS-Chemikalien scheidet der Mensch rasch aus
Weltnews

Sogenannte Ewigkeitschemikalien kommen in vielen Produkten vor und sind sowohl in der Umwelt als auch in Menschen zu finden. Viele bauen sich nur langsam ab. Doch bei einigen geht es schneller.

weiterlesen...
CO2-Emissionen durch Privatflüge stark gestiegen
Weltnews

Nur sehr wenige Menschen auf der Welt sind so reich, dass sie sich ein Privatflugzeug leisten können. Der Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 ist dabei immens - und die Zahl der Maschinen steigt rasant.

weiterlesen...
Bald im Frack: Riesen-Pinguin Pesto wird erwachsen
Weltnews

Das hünenhafte Pinguin-Küken Pesto aus dem Melbourne Aquarium ist ein Weltstar. Jetzt wird der Vogel erwachsen - und wird gerade dadurch an Gewicht verlieren. Aber warum?

weiterlesen...

Neueste Artikel

Todesschütze von Manhattan: Polizei setzt auf neue Fotos
Weltnews

Der Mann, der den Chef eines großen Versicherungskonzerns ermordet haben soll, ist weiter auf der Flucht. Neue Bilder und rätselhafte Botschaften auf der Munition könnten die Fahnder weiterbringen.

weiterlesen...
«Krankheit X»: WHO schickt Experten in den Kongo
Weltnews

In der Demokratischen Republik Kongo sind zahlreiche Menschen an einer unbekannten Krankheit gestorben. Nun will die Weltgesundheitsorganisation bei der Ursachensuche der «Krankheit X» helfen.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Todesschütze von Manhattan: Polizei setzt auf neue Fotos
Weltnews

Der Mann, der den Chef eines großen Versicherungskonzerns ermordet haben soll, ist weiter auf der Flucht. Neue Bilder und rätselhafte Botschaften auf der Munition könnten die Fahnder weiterbringen.

weiterlesen...
«Krankheit X»: WHO schickt Experten in den Kongo
Weltnews

In der Demokratischen Republik Kongo sind zahlreiche Menschen an einer unbekannten Krankheit gestorben. Nun will die Weltgesundheitsorganisation bei der Ursachensuche der «Krankheit X» helfen.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner