28. Oktober 2023 / Weltnews

Erbgut von Haien verändert sich extrem langsam

Haie haben mehr als 400 Millionen Jahre Evolution auf dem Buckel. Ihr Erbgut hat sich in all der Zeit vergleichsweise wenig verändert. Doch rasante ökologische Veränderungen könnte ihnen zum Verhängnis werden.

Das erwachsene Epaulettenhaipaar aus der Studie.

Das Erbgut von Haien verändert sich wesentlich langsamer als das anderer Wirbeltiere. Die Veränderungsrate speziell bei Epaulettenhaien beträgt nur etwa ein Zwanzigstel der Rate beim Menschen, wie Forscher um Manfred Schartl von der Universität Würzburg im Journal «Nature Communications» berichten. Es handle sich um die niedrigste bisher bei Wirbeltieren bekannte Mutationsrate überhaupt.

Das hat für die vor Australien lebenden Fische Vor- und Nachteile, wie das Forschungsteam erläutert: Dass sich in das Erbgut der Tiere so selten Änderungen einschleichen, sei eine mögliche Erklärung für ihr außergewöhnlich geringes Krebsrisiko. Allerdings könnten sie sich aus demselben Grund langsamer an Umweltveränderungen anpassen als andere Tiere.

Erbgut-Änderungen sind die Grundlage für Evolution: Manche bringen einen Überlebensvorteil für die betroffenen Tiere und bleiben damit eher erhalten, weil diese Exemplare eine größere Chance für mehr Nachwuchs haben. Aber auch die Erkrankung Krebs basiert auf spontanen kleinen Änderungen in der DNA, die zu Fehlfunktionen der betroffenen Zelle und ungezügelter Zellvermehrung führen.

Geringe Mutationsrate könnte auch zum Nachteil werden

Zum Nachteil kann die geringe Mutationsrate für die Haie vor allem werden, wenn ihre Population ohnehin schon stark verringert ist und sie sich dann an eine rasch wandelnde Umwelt anpassen müssen, wie die Forscher erläutern. Das Team aus Deutschland, Australien, Schweden und den USA hatte für die Studie Genome eines Elternpaares mit den Genomen von neun Nachkommen verglichen, die genetischen Unterschiede erfasst und so die Mutationsrate ermittelt.

Haie sind entwicklungsgeschichtlich sehr alt. Sie bevölkern die Weltmeere seit etwa 400 bis 500 Millionen Jahren, ihr grundsätzliches Erscheinungsbild hat sich in dieser enormen Zeitspanne kaum verändert. Haie werden spät geschlechtsreif, haben einen langsamen Stoffwechsel, werden sehr alt und haben wenig Nachkommen. Überfischung, Lebensraumverlust und Klimawandel verursachen einen Rückgang der Bestände vieler Haiarten.

Epaulettenhaie (Hemiscyllium ocellatum) leben in Korallenriffen bis in 60 Meter Tiefe. Sie werden nur etwas größer als einen Meter, sind meist nachts unterwegs und schwimmen nur selten. Stattdessen nutzen sie ihre Flossen als Füße und «laufen» über den Meeresboden.

Epaulettenhaie seien auf warme tropische Gewässer beschränkt, bei Haiarten in kalten Gewässern mit noch niedrigerer Stoffwechselrate könnten noch niedrigere Mutationsraten zu erwarten sein, erläutern die Wissenschaftler. Als mögliches Beispiel wird der Grönlandhai (Somniosus microcephalus) genannt, der rund 400 Jahre alt werden kann.


Bildnachweis: © Frank J. Tulenko/Universität Würzburg/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Erste West-Nil-Virus-Infektion erfasst - «erhöhte Aktivität»
Weltnews

Mit dem West-Nil-Virus übertragen einheimische Stechmücken seit einigen Jahren einen potenziell tödlichen Erreger. In diesem Jahr könnte es vergleichsweise viele Fälle geben.

weiterlesen...
Institut: Wieder sterben zahlreiche Amseln am Usutu-Virus
Weltnews

Vor sechs Jahren sind in Deutschland zahlreiche Amseln gestorben. Ein Grund dafür war das Usutu-Virus. Es ist auch 2024 wieder aktiv - viele tote Tiere werden gemeldet.

weiterlesen...
Behörde: Mehr Mpox-Fälle in Europa zu erwarten
Weltnews

Die Krankheit Mpox könnte sich erneut verstärkt verbreiten. In Europa gibt es bereits mindestens einen Fall einer neuen Variante, weitere folgen sehr wahrscheinlich. Trotzdem beruhigen Fachleute.

weiterlesen...

Neueste Artikel

Doppelphänomen am Himmel: Vollmond mit partieller Finsternis
Weltnews

Voller Mond nah an der Erde und dann im Kernschatten teils verfinstert: Bei guter Sicht könnte der Trabant ein Schauspiel liefern.

weiterlesen...
Auf der ISS gestrandet - vermisse meine Hunde und Familie
Weltnews

Zwei Astronauten sollten nur acht Tage auf der ISS bleiben, doch es könnten acht Monate werden. Ihr Raumschiff «Starliner» ist bereits auf der Erde gelandet. Die beiden nehmen es professionell.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Doppelphänomen am Himmel: Vollmond mit partieller Finsternis
Weltnews

Voller Mond nah an der Erde und dann im Kernschatten teils verfinstert: Bei guter Sicht könnte der Trabant ein Schauspiel liefern.

weiterlesen...
Auf der ISS gestrandet - vermisse meine Hunde und Familie
Weltnews

Zwei Astronauten sollten nur acht Tage auf der ISS bleiben, doch es könnten acht Monate werden. Ihr Raumschiff «Starliner» ist bereits auf der Erde gelandet. Die beiden nehmen es professionell.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner