9. Juli 2023 / Weltnews

Ein eigenes Polizeiauto - das hat nicht jeder

Der Blick auf die Straßen zeigt: Die modernen Autos sehen sich alle ziemlich ähnlich. Bei den Farben wird es dann vollends eintönig. Eine jungen Frau setzt sich ab mit der Färbung ihres Wagens.

Die Autotunerin Svenja Geertz steht neben ihrem Audi, der ähnlich wie ein Polizeifahrzeug foliert ist.

Sage keiner, dass man mit einem Auto heute nicht mehr auffällt. Aber muss es unbedingt ein Ferrari oder Porsche sein? Keine Spur, dafür reicht ein schlichtes Kompaktmodell wie das von Svenja Geertz aus Hannover. Allerdings nicht ganz schlicht: Der Wagen der 25-Jährigen sieht aus wie ein Streifenwagen der Polizei, ist in den Farben Blau, Gelb und Silber foliert. Auf der Motorhaube und an den Seiten prangt der Schriftzug «Police» - nicht «Polizei». Ein wichtiger Unterschied, erklärt Michael Bertram, Sprecher der Polizeidirektion Hannover. Trotzdem: Macht man sich mit so einem Auto bei der Polizei nicht unbeliebt? Oder gar strafbar?

Nicht unbedingt: Mit dem Folierer und auch der Tüv-Gesellschaft habe sie abgeklärt, ob die Farben in Ordnung seien, sagt die 25-Jährige. Nur reflektierende Folien durften es nicht sein, auch Hoheitszeichen und vor allem das Blaulicht sind tabu. Und so ist das «Police»-Auto auch kein Problem, wie Polizeisprecher Bertram meint. Denn: Das Design sei nicht urheberrechtlich geschützt. Nicht erlaubt sei dagegen außer reflektierender Folie ein «Polizei»-Schriftzug. Der sei geschützt, betont er.

Eine Frage allein der Optik

Auch darf die Tunerin nicht beanspruchen, «hoheitsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen» oder Wegerechte einzufordern, also etwa durch eine Rettungsgasse auf der Autobahn fahren. Aber: «Ihr geht es nur um die Optik. Die Einschränkungen werden eingehalten - da ist nichts zu beanstanden», meint Bertram.

Dennoch: Zu Beginn sei sie von der Polizei «sehr oft» angehalten worden, erzählt Svenja Geertz. Aber dann sei ein «Vorgang angelegt» worden und über das Kennzeichen könnten die Beamten nun leicht feststellen: alles legal. Zumindest in der Region Hannover. Denn in manche Länder darf sie mit ihrem Wagen nicht fahren, etwa nach Österreich, in die Schweiz oder nach Großbritannien - oder auch nur nach Baden-Württemberg.

So eindeutig ist es nicht immer: Mitte vergangenen Jahres hatte das Oberlandesgericht Hamm/NRW die Revision eines damals 43-Jährigen verworfen, der eine Warn- und Schutzjacke getragen hatte, die der Uniform der nordrhein-westfälischen Polizei zum Verwechseln ähnlich sah. Für Verwechslungsgefahr hatte zusätzlich der Schriftzug «Pozilei» gesorgt - und obendrein hatte der Mann aus Borchen bei Paderborn eine Autofahrerin wegen ihrer Fahrweise kritisiert. Das Ergebnis: Er musste eine Geldstrafe bezahlen.

Handschellen am Innenspiegel

Die 25-Jährige Geertz aus Hannover will dagegen niemanden disziplinieren. Ein Blaulicht und eine Spielzeug-Kelle habe sie zwar - aber nur für Tuning-Treffen. Und am Innenspiegel baumeln Handschellen. Wie zur Beruhigung steht auf dem Duftbaum im Innenraum des Wagens die Aufforderung: «Zitter nicht».

Ist das nur etwas stacheliger Humor? Für die Sozialassistentin, die in einem Kindergarten arbeitet, ist es mehr. Ihr Auto bedeute für sie Freiheit, darin könne sie alles vergessen - und daran ihre Kreativität ausleben. Dabei dürfte den Autobossen nicht nur in Deutschland das Herz aufgehen. Schon vorher hatte der Wagen eine Folierung, die aber «gefühlt jeder Zweite hatte». Sie habe sich gefragt: «Was kann ich machen, dass mein Auto ganz anders aussieht?» Dann die Idee - ein Polizeiwagen muss es sein. Denn das «traut sich nicht jeder nachzumachen». Schon wegen der Kosten - 2300 Euro.

Eine ähnliche Idee hatte auch ihr Freund Dennis Klöcker - der 28 Jahre alte Versicherungskaufmann fand seinen Ford Mustang im schwarzen Lack langweilig. Also ließ er ihn bekleben wie einen Streifenwagen der New Yorker Polizei. Ein kleiner Gag: Bei den NYPD-Fahrzeugen steht über dem Radlauf normalerweise die Fahrzeugnummer - bei dem 28-Jährigen ist es seine Postleitzahl. Und die Reaktionen: «Ich kriege fast nur Daumen», sagt er.

Das erlebt auch Svenja Geertz - aber nicht immer. Ein Passant habe ihr einmal zugerufen: «Herr Scholz, ich bitte Sie, verbieten Sie so was!» Vor allem die ältere Generation habe Probleme mit dem nur scheinbar echten Streifenwagen. Einmal seien ihr sogar Schläge angedroht worden. Als sie den Wagen auf einem Supermarktparkplatz abstellte, ging in der Schlange an der Kasse das Getuschel los: «Was macht denn die Polizei hier?»

Andererseits: Wenn die auffallende Optik des Wagens andere Autofahrer davor zurückschrecken lasse, zum Raser zu werden, dann sei das ein «positiver Nebeneffekt», urteilt Polizeisprecher Bertram.

Lenkrad mit Strasssteinchen

Und genau das sei der Fall, erzählt die 25-Jährige. In ihrer Nähe hielten sich alle an die Verkehrsregeln, an jeder Ampel, die gelb leuchte, werde gehalten und auf der Autobahn Platz gemacht. «Die linke Spur gehört mir», sagt sie. Dabei sind bei näherer Betrachtung schon Unterschiede zum normalen Streifenwagen zu erkennen - die Rückleuchten sind abgedunkelt, was im Netz oft zu Nachfragen führe, und das Lenkrad ist mit Strass bezogen. Die Tunerin sagt: Ein bisschen «ladylike» eben.

Und dass sie so oft wegen ihres Wagens und seiner unkonventionellen Farbgebung angehalten wird? Das sei schon Routine, meint Geertz. Nur auf dem Weg zur Arbeit, da «nervt das schon».


Bildnachweis: © Julian Stratenschulte/dpa
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