5. Juni 2023 / Weltnews

Ehefrau sagt in Prozess um «Badewannen-Mord» aus

Ein 62-jähriger Mann aus Mecklenburg-Vorpommern sitzt womöglich seit 13 Jahren unschuldig hinter Gittern. Er hat stets seine Unschuld beteuert. Nun wird der «Badewannen-Mord» neu aufgerollt.

Manfred Genditzki (l) sitzt vor Prozessbeginn im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mordfall im Gerichtssaal.

Im Wiederaufnahmeverfahren um den Tod einer 87-Jährigen in einer Badewanne in Rottach-Egern hat die Ehefrau des Angeklagten ihren Mann als sehr akkurat und gewissenhaft beschrieben. Er sei ein Workaholic, ein Familienmensch und ein liebevoller Ehemann und Vater, sagte die 39-Jährige am Montag vor dem Landgericht München I. «Ab und zu nenne ich ihn Herrn Schmidt» - weil er «sehr deutsch» sei.

2010 hatte das Landgericht München II den in Mecklenburg-Vorpommern geborenen Angeklagten Manfred Genditzki, der seit mehr als einem Jahrzehnt seine Unschuld beteuert, zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte der damalige Hausmeister in der Wohnanlage die Seniorin in deren Wohnung nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt. Das Urteil wurde nach zwei Revisionen rechtskräftig und wurde nun auf Betreiben der Verteidiger des 62-Jährigen neu aufgerollt, weil neue Gutachten Zweifel an der Schuld des Mannes aufwarfen.

Todeszeitpunkt falsch berechnet?

Den komplexen Berechnungen von Sachverständigen zufolge, die Ende Mai im Prozess ausgesagt hatten, starb die Witwe an jenem 28. Oktober 2008 später, als bisher angenommen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liege der Zeitpunkt ihres Todes nach 15.30 Uhr, möglicherweise sogar erst gegen 17.00 Uhr, sagte der Stuttgarter Thermodynamiker Nils Hansen.

Zu der Zeit war Genditzki aber laut Anklage nicht mehr in der Wohnung der Frau, die er regelmäßig im Alltag unterstützt hatte und mit der er, seine Frau und sein kleiner Sohn auch eine Art Freundschaft pflegten. Gegen 15.30 Uhr war der damalige Hausmeister des Anwesens in einem Supermarkt beim Einkaufen, wie ein Kassenzettel belegen soll.

Das Verhältnis von Genditzki und seiner Familie zu der alten Frau sei gut gewesen, schilderte die Ehefrau vor Gericht. Sie sei eine «sehr nette, alte Frau, Dame» gewesen, sagte sie. Sie habe dem kleinen Sohn Taschengeld gegeben - einmal 250 Euro für einen Urlaub - und Schokolade und ihr selber Schmuck. «Kindchen, ich hab was für dich», habe die alte Frau dann zu ihr gesagt.

Außerdem sprach die 39-Jährige von Zetteln, die die 87-Jährige mehrfach geschrieben und auf denen gestanden habe, dass Genditzki alles erben soll, wenn sie einmal stirbt. Ihr Mann habe Schmuck, den die alte Frau ihr geschenkt habe, nach dem Tod an die Behörden übergeben - «dass wir nicht als Erbschleicher dastehen».

Auch die 36 Jahre alte Tochter des Angeklagten aus einer früheren Beziehung sagte am Montag vor Gericht aus. «Mein Papa kann keiner Fliege was zuleide tun», betonte sie. Die Vorwürfe gegen ihn nannte sie «jenseits von Gut und Böse». Ihr Vater sei dazu «nicht imstande». «Er hätte uns auch das als Familie nicht angetan.»


Bildnachweis: © Sven Hoppe/dpa
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Erste West-Nil-Virus-Infektion erfasst - «erhöhte Aktivität»
Weltnews

Mit dem West-Nil-Virus übertragen einheimische Stechmücken seit einigen Jahren einen potenziell tödlichen Erreger. In diesem Jahr könnte es vergleichsweise viele Fälle geben.

weiterlesen...
Institut: Wieder sterben zahlreiche Amseln am Usutu-Virus
Weltnews

Vor sechs Jahren sind in Deutschland zahlreiche Amseln gestorben. Ein Grund dafür war das Usutu-Virus. Es ist auch 2024 wieder aktiv - viele tote Tiere werden gemeldet.

weiterlesen...
Behörde: Mehr Mpox-Fälle in Europa zu erwarten
Weltnews

Die Krankheit Mpox könnte sich erneut verstärkt verbreiten. In Europa gibt es bereits mindestens einen Fall einer neuen Variante, weitere folgen sehr wahrscheinlich. Trotzdem beruhigen Fachleute.

weiterlesen...

Neueste Artikel

Alkohol am Steuer: Timberlake bekennt sich schuldig
Weltnews

Die Anklage warf Justin Timberlake vor, betrunken Auto gefahren zu sein. Nun gab der Popstar Schuld zu - zumindest teilweise.

weiterlesen...
Missbrauchsfälle im englischen Rotherham: Lange Haftstrafen
Weltnews

Sieben Männer werden zu Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren verurteilt. Die Vergehen an zwei minderjährigen Mädchen sollen zu den schlimmsten des jahrelangen bandenmäßigen Missbrauchs gehören.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Alkohol am Steuer: Timberlake bekennt sich schuldig
Weltnews

Die Anklage warf Justin Timberlake vor, betrunken Auto gefahren zu sein. Nun gab der Popstar Schuld zu - zumindest teilweise.

weiterlesen...
Missbrauchsfälle im englischen Rotherham: Lange Haftstrafen
Weltnews

Sieben Männer werden zu Gefängnisstrafen von bis zu 25 Jahren verurteilt. Die Vergehen an zwei minderjährigen Mädchen sollen zu den schlimmsten des jahrelangen bandenmäßigen Missbrauchs gehören.

weiterlesen...
ANZEIGE – Premiumpartner